Wenn die “Polizei” anruft – Die Telefon-Betrugsmasche

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In letzter Zeit häufen sich Anrufe, bei denen angeblich Interpol, Europol oder eine andere Behörde am Apparat ist. Diese Behördenmitarbeiter, oder auch “Officer”, wie sie sich gerne nennen, melden sich mit dem Vorwand, dich vor Straftaten schützen zu wollen. Tatsächlich sind es Kriminelle, die ihre Opfer mit erfundenen Geschichten unter Druck setzen wollen, um an ihr Geld zu kommen. Eine Augsburger Studentin fiel dieser Masche zu Opfer und erzählt, wie diese Abzocker sie betrogen haben.

Wie die 24-Jährige von der falschen Polizei reingelegt wurde

Am 28. Juni 2022 erhielt die junge Augsburgerin einen Anruf, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Das Display zeigte eine unbekannte, jedoch deutsche Nummer an und sie nahm den Anruf entgegen. Eine weibliche, automatisierte Stimme kündigte auf Englisch das “Federal Police Department“ an. Die Stimme machte Angaben über die Sozialversicherungsnummer der Studentin und informierte sie, dass ihre Kreditkartenkonten gesperrt werden sollen. Die junge Frau erklärt, dass sie nicht darauf achtete, ob die genannte Sozialversicherungsnummer korrekt sei. Vor allem vor dem Hintergrund, dass sie diese Nummer nicht auswendig weiß. “Die Details wurden unwichtig. Ich habe mit Angststörungen zu kämpfen und kenne mich nicht genügend mit solchen Angelegenheiten aus. In diesem Moment gewann meine Angst Überhand”, sagte sie.

Aus dieser Angst heraus drückte die junge Frau wie aufgefordert die Taste 1 auf ihrem Telefon und wurde an einen Mann weitergeleitet, der sie dazu veranlasste, sich namentlich zu identifizieren und die letzten 4 Ziffern ihrer Personalausweisnummer zu nennen. Weiterhin machte der selbsternannte “Officer” Angaben zu seiner eigenen Person und zur erfundenen Fallnummer. Er erklärte ihr folgenden Sachverhalt: Gegen die Studentin wird wegen Mordverdacht, dem Fund von 400 kg Kokain und illegaler Kreditkonten-Transaktionen ermittelt. Die Details, die der “Officer” dabei nannte, machten die Situation für die Augsburgerin immer glaubwürdiger. So sollen die Straftaten in Berlin stattgefunden haben. Die junge Frau hatte sich vor nicht allzu langer Zeit in der Hauptstadt aufgehalten und machte sich dementsprechend Sorgen, dass es tatsächlich einen Zusammenhang mit ihrem Aufenthalt geben könnte. Als sie sich erkundigte, was sie machen könne, um ihre Unschuld zu beweisen, wurden ihr zwei Optionen geboten: Entweder würde sie mit dieser falschen Polizei kooperieren, was die “Polizei” dazu veranlassen würde ihr zu helfen, oder sie müsse sich einen Anwalt holen, wobei sie jedoch mit einer Geldstrafe von bis zu 700 000 Dollar und einer Haftstrafe bis zu 15 Jahren rechnen müsse. Für die Studentin war klar, dass sie mit der “Polizei” kooperieren muss, woraufhin sie ein weiteres Mal weitergeleitet wurde.

Diesmal war der “Chief-Officer” in der Leitung. Die junge Frau bot an, direkt zur örtlichen Polizei zu gehen, um diese Angelegenheit persönlich zu besprechen und zu lösen. Sie wurde jedoch sofort darauf hingewiesen, dass sie mit niemandem über den Fall sprechen darf, was ihr verdächtig vorkam. Weiterhin nahm die Studentin Geräusche im Hintergrund wahr, und hinterfragte, ob es nicht möglich sei, dass es sich um ein Call-Center handle. Sie ging jedoch nicht weiter auf ihre Zweifel ein, da der “Officer” sie schnell unter Druck setzte. Er wies sie darauf hin, dass die Polizei gezwungen sei, alle Konten auf ihrem Namen zu sperren, sodass keine weiteren illegalen Transaktionen stattfinden könnten. Ab sofort würde sie keinen Zugriff auf ihr Geld haben und all ihr Bargeld würde bald von der Polizei konfisziert werden. Sie wurde in Existenzangst versetzt. Sollten ihre Konten gesperrt werden, könnte sie nicht mehr ihre Miete und andere Rechnungen bezahlen. Um mehr Druck auszuüben, erwähnte der “Officer noch mal. dass sie sofort festgenommen werden würde, sollte sie sich an die lokale Polizei wenden. Die Studentin erklärte gegenüber der Redaktion, dass sie nicht mehr in der Lage war, rational zu denken. Sie kannte sich nicht genug in juristischen Angelegenheiten aus und wusste nicht, welche Rechte sie als Bürgerin in so einem Szenario hätte. Dieser Moment der Verletzlichkeit wurde von dem Betrüger ausgenutzt. Er signalisierte ihr, dass die falsche Polizei ihr Wohl wolle und die lokale Polizei ihr schaden würde.

“Ich war komplett in Angst und Panik versetzt. Hätte ich ein Mal aufgeatmet, hätte ich realisiert, dass das was mir erzählt wurde, keinen Sinn macht. Wieso sollte mich ein Polizist vor der Polizei schützen wollen beziehungsweise wieso sollte eine Behörde gegen eine andere aussagen? Doch für rationales Denken war keine Zeit.”

Betrugsopfer aus Augsburg, 24

Daraufhin wurde ihr versichert, dass sie das Geld auf ihrem Bankkonto sichern könnte, wenn sie ihr Erspartes in Guthaben-Karten investiere. Der “Officer” drängte die Studentin, nach seinen Angaben zu handeln, indem er sie glauben ließ, sie werde geortet. Daher folgte sie sofort der Anweisung, in den nächsten Supermarkt zu gehen und dort Google Play Karten zu kaufen. Die Studentin gab 550 Euro für die Guthaben-Karten aus. Danach wurde sie wieder vom selben Officer angerufen und dazu veranlasst, ihm die Nummern der gekauften Karten zu nennen, wodurch die Betrüger ihr Gelb erbeuten konnten.

Was geschah nach dem Telefonat?

Die Geschädigte erinnerte sich, dass sie davor gewarnt wurde, jemandem von diesem Vorfall zu erzählen, weil dadurch alle Mitwissenden zu Komplizen gemacht werden und ihnen ebenfalls eine Anzeige drohen würde. Während des Telefonats habe sie niemanden informiert. Doch danach entschloss sie sich, ihrem Freund vom Telefonat zu erzählen. Dieser wies sie darauf hin, dass es sich um einen Betrug handeln müsse. Als sie versuchte, die Guthabenkarten einzulösen, bemerkte das Opfer, dass sie bereits eingelöst wurden und sie ihr Geld verloren hat. Sie ging zur Polizei und ihr wurde versichert, dass es sich um einen Betrug handelt. Ihr Geld wird sie wahrscheinlich nie wieder sehen.

“Nach der Anzeige wurde mir klar, ich wurde betrogen. Aber ehrlich gesagt, war ich einfach nur erleichtert, dass die Panik umsonst war und die Polizei nicht tatsächlich gegen kriminelle Aktivitäten in meinem Namen ermittelt.”

Betrugsopfer aus Augsburg, 24

Die Augsburgerin teilte mit, dass sie nach dem Vorfall Kassierer:innen in verschiedenen Supermärkten darauf hinwies, den Kauf von Google Play Karten zu hinterfragen, vor allem, wenn es sich um hohe Summen handelt. Damit wolle sie verhindern, dass andere Menschen auf diese Betrugsmasche hereinfallen, sagt sie.

Rückblickende Gefühlslage:

Die geschädigte gibt zu, dass ihr die Sache peinlich ist, weshalb sie anonym bleiben möchte. Sie erklärt, dass sie mehrere Tage brauchte, um über diesen Vorfall hinwegzukommen. “Man fühlt sich nutzlos und leer und ärgert sich darüber, wie man auf diese Betrüger reinfallen konnte”, sagte sie.

Sie erzählt, dass man oft über solche Betrugsfälle hört, jedoch nie davon ausgeht, man könne selbst betroffen werden. Die Täter arbeiten professionell und wissen, wie sie einen kommunikativ und emotional manipulieren können. Was sie dazu veranlasste, nach den Aufforderungen der Betrüger zu handeln war prinzipiell die Angst und die Panik, die durch die Angaben über Straftaten verursacht werden und durch Drohungen immer wieder verstärkt werden, sagt die Studentin. Am Telefon sei sie nach der Drohung einer Haftstrafe zunächst nervlich zusammengebrochen, worauf die Täter mit wenig Empathie reagierten. Stattdessen warnten sie das Opfer, dass sie sich zusammenreißen solle, damit sie nicht noch schuldiger aussehe.

Rückblickend falle ihr auf, wie absurd und auffällig vorgetäuscht der gesamte Sachverhalt war: “Wenn man sich in einem Zustand der Panik befindet, verliert man jegliche Rationalität.” Für sie sei der einzige Ausweg aus dieser entsetzlichen Situation gewesen, alle Anweisungen der Täter zu befolgen.

Worauf du achten solltest:

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