Ich und mein StudiVZ

Glosse: Warum sich Tamara Bianco mit 60 Freunden im sozialen Abseits fühlt

Das Internet ist toll. Es gibt keine bessere Möglichkeit um sinnlos Zeit zu verbringen. Seit es das StudiVZ gibt, kann ich meine „DSL-ist-geil“-Attitüde noch besser ausleben. Der Computer ist an. Die Hausarbeit wartet. Und was mache ich? Klick’ mich durch diverse Profile und guck’ mir die Leute an. Da gibt es Sachen zu entdecken! Allein mit der Durchsicht der Gruppen kann man sich Stunden beschäftigen. Mein derzeitiger Favorit ist „egal was drogen mit dir machen, ich schaff das mit der zunge“ – ein Brüller. Schon unglaublich, was man so alles über den stillen Typen aus der Vorlesung erfahren kann, der normalerweise erst wieder zum Leben erwacht, wenn die Mensa ihre Pforten öffnet. Gar wilde Sachen treibt der des Nächtens – soviel sagen mir zumindest die Fotoalben, die er der StudiVZ-Gemeinde stolz präsentiert. Da werden die Lieblingshaustiere fachmännisch abgelichtet, der letzte Urlaub in Swasiland gekonnt in Szene gesetzt und manchmal auch der peinlichste Partymoment festgehalten. Für den voyeuristisch veranlagten Menschen ist das natürlich der Hit! Nicht nur die Fotoalben, sondern vor allem die Profilbilder haben es mir angetan. Ohne Namen zu nennen: Einige Bilder meiner Freunde haben mich schon über so manchen trüben Tag gerettet – so genial sind die.

Für alle, die gerne mal auf die Jagd gehen wollen: Ein Freundin eines Freundes meiner Freundin im StudiVZ, also die hat immer Profilbilder – da haut es dich um! Gina Wild ist harmlos dagegen. Allerdings hat sie damit sicher auch schon einigen männlichen Studenten den Tag versüßt. Für die ganz Harten unter uns gibt es das Gruscheln. Jetzt mal im Ernst: Was ist das denn? Ringelpietz ohne Anfassen? Einfache Sympathiebekundung? Oder doch nur blöde Anmache? Es ist und bleibt ein Rätsel. Etwas einleuchtender ist das Prinzip Pinnwand: Öffentliche Statements zu mehr oder weniger sinnfreien Themen. Menschen mit einem latenten Hang zur Selbstzerstörung werden Botschafter des Tages. Eigentlich könnte man sich stattdessen auch ein Schild umhängen: „Schlag mich!“. Mittlerweile scheint die Zahl der „Freunde“ (da erscheint der Spruch „Lass uns Freunde bleiben“ übrigens in einem ganz neuen Licht) im StudiVZ den sozia-len Status zu bestimmen. Sagt doch neulich eine Freundin allen Ernstes zu mir: „Ich habe 112? Und du?“ Ich habe nur 60. Bin ich jetzt im sozialen Abseits? Kein Ding, ich gruschel mich gleich wild durch die Gegend und morgen hab ich 113 – mindestens.

Von Tamara Bianco

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