Das große Theater

In der Augsburger Theaterszene ist gerade einiges geboten. Zudem hat an der Uni die Prüfungsphase begonnen. Ein (humorvoller) Überblick.

Bild das Große Theater
© Andreas Schmid

Der Menschenfeind – Eine barocke Punk-Modenschau

Mit „Der Menschenfeind“ von Molière inszeniert das Staatstheater Augsburg in dieser Spielzeit einen der größten Klassiker der französischen Bühnenliteratur. Nun mag der ein oder andere vielleicht nicht viel mit dem Namen Molière anfangen können. Klingt ein bisschen hochtrabend, um ehrlich zu sein. Wie der Name eines überteuerten Weins. (Eine Flasche Molière für mich, bitte. 500 Euro! Schweinehund! You’re robbing me blind!). Auch ein bisschen eingestaubt hört er sich an. Kein Wunder. Ist auch schon aus dem siebzehnten Jahrhundert. Da hat er sicherlich im Laufe der Zeit das ein oder andere Staubkorn abbekommen, der arme Molière.

Wenn man jedoch einen Blick auf die Website (Der Menschenfeind — Staatstheater Augsburg (staatstheater-augsburg.de)) des Staatstheaters wirft, stolpert man über Beschreibungen, die sich doch irgendwie ganz schön cool anhören. „Eine barocke Punk-Modenschau“, steht da zum Beispiel unter dem Abschnitt Pressestimmen bei der Kritik der Augsburger Allgemeinen. Allein dafür lohnt es sich doch schon, ins Theater zu gehen, oder? Selbst wenn man keinen Plan hat, worum es eigentlich geht.

Der Menschenfeind – Hass und Liebe, Sein und Schein

Aber, wenn wir schon darüber sprechen, worum geht es denn überhaupt? Werfen wir wieder einen Blick auf die Website, lesen wir von einem griesgrämigen Außenseiter, Alceste, der in einer Gesellschaft, die er „hasst und belächelt“, für das Gute, Wahre, Schöne, sowie die Liebe kämpft. Die Liebe! Sind das nicht die Geschichten, die uns bewegen? War es nicht genauso in „Der Herr der Ringe“, mit unserem lieben Gollum? Verachtet von aller Welt, kämpft er für seine große Liebe, den einen Ring, nur um dann am Ende vom grausamen Frodo in die lodernden Flammen des Schicksalsberges gestoßen zu werden. Wer hat da nicht zumindest eine Träne vergossen? Wer hat da nicht auf dem Kinosessel gesessen und im Herzen gespürt, wie es ist, ein Außenseiter zu sein?

Natürlich geht es in „Der Menschenfeind“ nicht nur um die Liebe, denn sonst wäre das Theaterstück vermutlich niemals so ein großer Klassiker geworden. Es geht auch, wie man auf der Website des Staatstheaters lesen kann, um die Suche nach der „kompromisslose[n] Wahrheit in einer Welt voller Sein und Schein.“ Hört sich das nicht ein bisschen nach unserer Welt an? Da scheint die Prüfung noch so weit weg zu sein, doch kaum versieht man sich’s, sitzt man deprimiert mit einem Bier am Frühstückstisch und fragt sich, wie man es geschafft hat, schon wieder durchzufallen.

Die Prüfungsphase – Theater, Theater und… ich weiß! Noch mehr Theater

Doch wollen wir mal nicht schwarzmalen. Die Prüfungsphase – oder, wie ich es nennen möchte, das Große Theater – hat gerade erst begonnen. Noch ist niemand durch irgendwas durchgefallen. (Falls doch, mein herzliches Beileid sowie meine größte Anerkennung für diese Leistung). Es ist sicherlich verständlich, wenn der ein oder andere Student keine Lust auf Theater hat, weil er schon genug vom Theater seines eigenen Lebens hat. Der „menschenfeindliche“ Professor will einfach nicht die Folien zur Vorlesung hochladen, zwingt einen, in die Uni zu kommen, obwohl man doch gar keine Zeit hat, weil man schon die vorherigen vier Sitzungen, die man verpasst hat, mühsam nachholen muss, und dann darf man auch noch in einem schäbigen Studentenjob unverschämten, betrunkenen Alkoholikern ihr zehntes Bier servieren sowie das verschimmelte Gemüse des Mitbewohners aus dem Kühlschrank räumen, um nicht früher oder später an Lebensmittelvergiftung zu sterben. Kotzen. Könnte. Ich.

Irgendwas braucht man in der Prüfungsphase einfach, um auf andere Gedanken zu kommen. Eine Pause. Einen Urlaub. Eine kurze Flucht aus der Realität. Aber was? Was könnte man nur tun? Ich hätte eine Idee: Theater. (Sorry). Neben „Der Menschenfeind“ zeigt das Staatstheater in dieser Spielzeit zum Beispiel auch das zeitgenössische, tragikomische Stück „Linda“ (Linda — Staatstheater Augsburg (staatstheater-augsburg.de)) („Jetzt sind die Fotzen wieder da!“ Hingehen. Bewundern. Lachen.) oder Bertolt Brechts Klassiker „Mutter Courage und ihre Kinder“ (Mutter Courage und ihre Kinder — Staatstheater Augsburg (staatstheater-augsburg.de)). Für Studenten bietet das Staatstheater außerdem super Karten- und Abo-Angebote (Schüler:innen und Student:innen — Staatstheater Augsburg (staatstheater-augsburg.de)) an. Billiger Spaß also, und das ohne Alkohol. (Oder mit, sei es Wildberry Lillet oder Molière, in den Spielstätten des Staatstheaters findet man alles, was das Herz begehrt).

Weitere Theaterangebote an der Uni – Frohen Mutes in die Hölle

Das Staatstheater oder das eigene Leben sind jedoch mitnichten die einzigen Möglichkeiten, Theater hier in Augsburg zu genießen. An der Uni führt beispielsweise das AnglistenTheater Ende Januar und Anfang Februar die zwei Stücke „Escaped Alone“ und „Here We Go“ der zeitgenössischen, britischen Dramatikerin Caryl Churchill auf. Dabei passen die beiden Theaterstücke wunderbar in die Prüfungsphase, denn, ähnlich wie viele Studenten die Prüfungsphase beschreiben würden, haben auch Kritiker die beiden Theaterstücke bewertet: „a chilling reminder of our mortality“, liest man da zum Beispiel auf der Seite des AnglistenTheater (AnglistenTheater (uni-augsburg.de)). Wer glaubt, ich übertreibe, hat wohl noch nie nach drei durchgelernten Nächten sowie der einundelfzigsten Tasse Kaffee sein Leben am sonnigen Sternenhimmel vorbeiziehen sehen. (Rückblickend könnte das auch eine Erinnerung an den letzten Herr-der-Ringe Marathon gewesen sein…).  Neben dem AnglistenTheater gibt es an der Uni auch noch das So1Theater (Events | So1theater Universität Augsburg | Augsburg), welches Mitte Januar im Hörsaal II des C-Gebäudes das Stück „Die Hölle wartet nicht“ aufführt – „ein Psycho-Thriller zwischen Wahn und Wirklichkeit“ von Michael Cooney. Hier spare ich mir einfach mal die geistreiche Referenz zur Prüfungsphase, sonst komme ich noch in Teufels Küche. (Teufel… Hölle… Prüfungsphase… na? Ok, sorry).

Die Hölle genießen – Zum Frühstück Canapés und einen Wildberry Lillet

Wie man sieht, ist in der Augsburger Theaterszene gerade einiges geboten – sei es im Staatstheater, im Unitheater, in der Prüfungsphase oder im eigenen Leben. Für jeden ist etwas dabei. Der ideale Zeitpunkt also, um sich einfach mal mit einem Glas Wildberry Lillet in der Hand zurückzulehnen und die Show zu genießen. Vielleicht fühlt man sich dann so sehr wie Nina Chuba, um zu vergessen, dass man selbst Teil des Großen Theaters ist.

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