Radfahren ist nicht die Lieblingsbeschäftigung unseres Autors, aber schlecht findet er’s nicht – außer in der Augsburger Innenstadt.
„In der Umweltstadt Augsburg ist das Fahrrad ein ideales Verkehrsmittel. Wir haben die passende Größe, um die Innenstadt von allen Stadtteilen aus bequem mit dem Fahrrad erreichen zu können.“ Klingt schön, ist aber bislang nur PR-Theorie des „projekt augsburg city“.
Die Entschuldigung am Straßenrand
Das Projekt soll die Infrastruktur der Fuggerstadt von den 1970ern ins Jetzt katapultieren. Neben Kö und Hauptbahnhof wurde sogar an die Radfahrer gedacht. Auch für sie sollen sich die Bedingungen verbessern – irgendwann. Genaue Zeitangaben macht die Stadt für das Rad nicht. Ich stelle mir aber die Frage, ob das Fahrrad in den Amtsstuben wirklich als ideal angesehen wird. Der Augsburger wird auch nach dem Umbau auf der Entschuldigung am Straßenrand fahren müssen – verkehrsdeutsch Radfahrstreifen genannt. Immer, wenn ich auf diesen Streifen fahre, tönt es in meinen Ohren: „Entschuldigung, dass wir dir nicht mehr Platz in der Stadt bieten.“ Doch so kann ich ausblenden, was passieren würde, wenn die Blechkarossen den zarten weißen Strich überfahren würden.
Klar, diese Lösung ist besser als keine. Laut Baureferat müssen wir damit an manchen Stellen der Innenstadt auch noch ein paar Jahre leben. Mir ist auch bewusst, dass ein weißer Strich nicht so viel kostet wie ein abgegrenzter Radweg. Angesichts des jährlich wiederkehrenden Haushaltsdefizits der Stadt sicher ein großer Faktor. Doch liebe städtische Mitarbeiter, mal ehrlich, der Platz für ein ideales Verkehrsmittel sieht anders aus!
Münster, Traum der Radfahrer
„Im Vergleich zu Augsburg ist es sehr angenehm in Münster Fahrrad zu fahren“, eine Freundin ist am Telefon. Sie erzählt von Fahrradstraßen, die sie nur mit Bussen und Fußgängern teilt. Sie schwärmt von erhöhten Radwegen neben den Passanten. „Hier bist du schon unnormal, wenn du kein Fahrrad fährst. Da könnte Augsburg auf jeden Fall mehr machen.“ Sie muss es wissen, sie hat den Vergleich. Bevor sie vor einem Jahr ins Westfälische zog, studierte sie an der Uni Augsburg.
Mehr machen – für Radfahrer
Was also tun, um die Lage für Fahrradfreunde zu verbessern? Es wäre utopisch zu fordern, dass Augsburg eine Radhochburg wie Münster werden soll. Zu lange hat man hier die Autos vergöttert. Man könnte aber die Aufbruchsstimmung, welche uns das „projekt augsburg city“ in den nächsten Jahren bescheren wird, für eine bessere Radinfrastruktur nutzen. An den Ampeln am Kö oder, ganz verwegen, an allen Knotenpunkten sollte eine Grünphase nur für Fahrräder und Fußgänger eingeführt werden, damit ihnen kein abbiegendes Auto mehr den Weg abschneiden kann. Denkbar wäre auch, den weißen Streifen durch ein kleines Hügelchen zu ersetzen, das den Radfahrern mehr Sicherheit gibt. Doch auch ohne Umbauten könnte die Stadt etwas für ihr Rad-Image tun: Einen interaktiven Stadtplan für Radler einführen und die Leihfahrräder, die es von den Stadtwerken günstig gibt, besser vermarkten. Dann könnte das Fahrrad in dieser eigentlich flachen und fahrradtauglichen Stadt wirklich zum idealen Verkehrsmittel werden.
Von Reiner Schmidt