Student sein. Student sein? Was bedeutet das eigentlich? Ein guter Freund von mir – Hollywood heißt er – hat mir einmal erzählt, ein Student würde sich typischerweise folgendermaßen verhalten: Feiern bis zum Exzess, Leben in kommunenartigen WGs und so oft wie möglich nackt sein. Doch gilt das auch für Augsburger Exemplare? Welche verhaltensbezogenen Feinheiten machen die Augsburger Studenten aus?
Dieses Mal: Warum legen wir so oft einen Sprint zur Trambahn hin?
Text: Rebecca Naunheimer, Illustration: Marina Schröppel
Ein Berliner Professor sagte einmal zu mir: „Weißt du, was mir in Augsburg als Erstes aufgefallen ist?“ Ich: „Dass die sogenannten Kopierer eigentlich nur Mülltonnen in niedlichen Kostümchen sind?“ Er darauf: „Dass die Leute rennen wie gestört, wenn sie eine Straßenbahn sehen.“ Dass ich vor unserem Gespräch einen neuen Sprintrekord aufgestellt und eine Tram der Linie 2 gerade so erwischt hatte, verschwieg ich ihm lieber.
Es ist nicht zu leugnen, dass eine anrollende Trambahn den Tramwahn in uns weckt. Wenn der Boden bebt, der Korridor zwischen den Gebäuden A,C, L und M den Schall hektischer Schritte bündelt, ein Mädchen vor dem Eingang zum Sprachlabor schrill kreischt, dann ist es wieder soweit: Die 3 kommt. Aus jeder Gasse strömen Studenten – ihre Laptoptaschen mehr oder weniger behutsam unter die Achseln geklemmt. Ich bin sicher, dass es da auch mal einen Studenten gab, der auf dem Olymp mit dem Fernglas Ausschau nach der Tram hielt und lossprintete. Kein Scheiß. Ganz sicher.
Okay, wir alle tun es. Will ja keiner auf die nächste Tram warten. Aber gerade das scheint Nicht-Augsburger zu verwundern. Wieso sprinten wir um unser Leben, wenn sich die 3 wieder klammheimlich heranpirscht?
Zuerst einmal gilt es natürlich anzumerken: Berlin ist ja sowieso maximal cool. Und mit einer Großstadt können wir uns nicht vergleichen. Während es in Berlin vielfältige öffentliche Verkehrsmittel gibt, müssen wir uns auf die gute alte Straßenbahn oder den Bus verlassen. Und die reizen die Grenzen ihrer Verlässlichkeit wirklich gerne aus.
Ja, ich denke, es ist insbesondere die Unberechenbarkeit der Augsburger Straßenbahn, die uns zu sportlichen Höchstleistungen antreibt. Mal muss man nur drei Minuten warten, mal fünf, mal sieben. Kennt überhaupt noch jemand den offiziellen Rhythmus? Oder: Gibt es überhaupt einen offiziellen Rhythmus? Vielleicht bald wieder. Vorgestern hat ja nun der neue Kö seine Tore geöffnet. Könnte das den Tramwahn ein für alle Male heilen? Eher unwahrscheinlich.
Ist es nicht so, dass wir als vielbeschäftigte Studenten nur wenig Zeit haben, uns sportlich zu engagieren? Da kommt der Sprint zur Tram doch gar nicht so ungelegen. Mal wieder die Gelenke schmieren, die Lungen auslasten und die Muskeln stählen.
Und dann ist da ja auch das mit der Lässigkeit. Dazu möchte ich kurz eine Verortung der Rennstrecke anführen. Start: Der Sprint beginnt meist zögerlich – abhängig vom derzeitigen Trainingszustand – irgendwo Richtung Zentralbib. Mittelstrecke: Der Mittelteil zeichnet sich meist durch gleichmäßige, lange, sportlich-anmutende Schritte aus. Die Geschwindigkeit ist auf dem Höhepunkt. Der Weg führt vorbei an zwei zentralen Schauplätzen studentischer Präsenz: Cafete und Mensa. Ziel: Die Tram wird meist mit hektischen, schweren Schritten erreicht. Der Atem geht keuchend. Die Frisur – falls es je eine gab – ist maximal scheiße und die Poren spucken Schweiß. Was genau ist daran jetzt lässig? Hallo? Die Mittelstrecke! Mit größtmöglicher Geschwindigkeit vorbei an Mensa und Cafete – wenn man da mal nicht gespotted wird!
Mit der Lässigkeit ist es allerdings spätestens dann vorbei, wenn der Trambahnfahrer mal wieder beschließt, besonders lustig zu sein und absichtlich vor der Nase eines Athleten wegzuziehen. Schade eigentlich. Das nächste Mal also einfach ein bisschen schneller. In diesem Sinne: Immer dranbleiben mit dem Training!
Wie ist das bei euch? Seid ihr auch klassische Trambahn-Sprinter?
Alle Folgen der Kolumne “Student sein” von Rebecca Naunheimer kann man hier nachlesen.
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