Kinotipp: Die Weihnachtsgeschichte in einer Inszenierung der Augsburger Puppenkiste
Trotz allem Rummel in den Innenstädten ist und bleibt Weihnachten ein Fest der Traditionen. Spätestens bei der Frage, was Heiligabend auf den Tisch kommt oder wie sich um den Weihnachtsbaum versammelt wird, begehen viele Familien alljährlich ihre eigenen, kleine Rituale. Auch das Kino hat sich wiederholt den familiären Weihnachtsgeschichten mit all ihren Freuden und Katastrophen gewidmet – und das häufig schrill und sehr amerikanisch. Die Augsburger Puppenkiste, selbst ein Ort liebgewonnener Tradition, nimmt sich demgegenüber bereits seit 2014 auf der Theaterbühne der ursprünglichsten aller Weihnachtsgeschichten an, nämlich der biblischen. In diesem Jahr findet ihre Inszenierung erstmals den Weg auf die große Leinwand und schafft es dabei, alle Versprechen einzulösen.
Am Montag dieser Woche wurde der Film, der seine Weltpremiere bereits auf dem Fünf Seen Filmfestivals in Starnberg gefeiert hatte, erstmals in Augsburg vor Mitwirkenden, Unterstützern und Freunden der Puppenkiste gezeigt. Dabei war schnell klar, dass der Charme der berühmten „Stars an Fäden“ auch im Kino trägt. Ein ganz wichtiger Grund dafür liegt im Drehbuch Judith Gardners, das die Geschichte der Heiligen Familie nach Motiven der Evangelien des Lukas und des Matthäus erzählt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Esel Noel, dessen wichtige Rolle als treuer Begleiter und Helfer in der Not hier erstmals ins rechte Licht gerückt wird. Mit ihrem Humor hilft die Figur zudem wesentlich dabei, den anspruchsvollen Spagat zwischen der Würde des Stoffs und der liebevollen Ironie zu meistern, die viele mit der Puppenkiste verbinden.
Hochaktuell und nicht nur für junge Zuschauer
Dass sich der Film an Kinder und Erwachsene richtet, wird vor allem dann deutlich, wenn es um das Thema der kulturellen Verständigung geht. Denn viele der Abweichungen von der Originalvorlage stehen im Zeichen des Zusammenhalts und der Solidarität. So betont Die Weihnachtsgeschichte auf kindgerechte, aber eindrückliche Weise den Umstand, dass Maria und Joseph Bethlehem als Vertriebene erreichen und dass es gerade die armen Hirten sind, die ihnen mit Mitgefühl begegnen. Ein besonderer Kunstgriff liegt in der bewussten historischen Abweichung, die Weisen aus dem Morgenland als Symbol für den gemeinsamen Ursprung von Christentum und Islam aufzugreifen. Damit leistet der Film gerade in seiner ruhigen Art einen ganz eigenen Beitrag zu einer großen gesellschaftlichen Debatte und betont einen Aspekt der weihnachtlichen Überlieferung, der aktueller nicht sein kann.
Neben dem Drehbuch sind es natürlich vor allem die Puppen selbst, welche Jürgen Marschall im berühmten Stil der Puppenkiste angefertigt hat, und das Bühnenbild von Hans Kautzmann, die sofort Erinnerungen an die Kindheit wecken. Im Gegensatz zu den bekannten Fernsehproduktionen handelt es sich bei Die Weihnachtsgeschichte um die filmische Umsetzung einer Theaterinszenierung, wobei sowohl das Publikum als auch Bewegungen des Bühnenbilds einbezogen sind. Dabei sind die Bilder von den warmen Farben und geschwungenen Linien des Wüstenmotivs geprägt. Auch der überzeugende Soundtrack aus der Feder Susanne Ortners, der sich am Klang der jüdischen Klezmer-Musik orientiert, verweist auf das Heilige Land. Der dezente Swing dieser ursprünglich als Hochzeitsmusik entstandenen Stilrichtung und vor allem der humorvolle Einsatz der Klarinette erinnern dabei immer wieder an die beliebten Melodien aus Lummerland und Co.
Wer sich also auf ruhige und besinnliche Art für das Weihnachtsfest einstimmen möchte, sollte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Dabei kommen auch Fans des bekannten Marionettentheaters voll auf ihre Kosten, denn die Inszenierung steht nicht nur ganz im Zeichen der christlichen Überlieferung, sondern in den Worten des Theaterleiters Klaus Marschall ebenso in der „alten Tradition der Puppenkiste“. Gezeigt wird der Film in über 300 Kinos in Deutschland und Österreich, in Augsburg an allen Adventsonntagen im Cinemaxx, dem Thalia Kino und dem Liliom.