Zwischen Gründerstories und Erfolgsgeschichten – die Augsburger Start-up Szene

Nachdem uns Mitgründer Raimund Seibold Einblicke in die Gründerstory von Boxbote gegeben hat, geht es bei uns heute kulinarisch weiter. 

Wir haben uns mit Jim getroffen, der mit offiziellem Namen Maximilian Eller heißt. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann hat er sein Abitur gemacht und daraufhin BWL an der Hochschule Augsburg studiert. Der 28-Jährige ist Gründer des Foodtrucks Jim´s Geschmackszirkus, bei dem er zum Beispiel den Burger  “G´rupfte Sau”, den “Echten Vegetarier” oder die Kässpatzen “Versaute Pamela” anbietet. Alles unter dem Motto: “Gerichte aus aller Welt, Zutaten von Dahoim”. Seit 2016 ist er mit seinem Truck rund um Augsburg und darüber hinaus unterwegs und hat einiges über seine Gründerstory zu erzählen. 

© Jim´s Geschmackszirkus

Jim`s Geschmackszirkus – Wo man die Sau noch beim Namen kennt.

Wie kam es zur Gründung von Jim´s Geschmackszirkus?

Ja…(lacht), eigentlich wollte ich im März 2016 meine Bachelorarbeit in BWL über die Street Food Szene und Foodtrucks schreiben, da ich mich eventuell mal mit einem eigenen Truck selbständig machen wollte. Aber anstatt die Arbeit zu schreiben, habe ich mir gedacht, ich kauf mir lieber direkt einen Truck und fange gleich an. Meine Bachelorarbeit habe ich dann eher so nebenher geschrieben und dabei das erste Jahr die Street Food Szene mitgenommen.

Du hast deinen Foodtruck unter dem Namen “Jim´s große Klappe” eröffnet, mittlerweile hast du dich umbenannt zu “Jim´s Geschmackszirkus”. Wie kam es dazu?

Ende letzten Jahres haben wir gesagt, dass wir mittlerweile einfach mehr bieten als nur unsere Foodtrucks. Deshalb haben wir überlegt, dass Jim´s Geschmackszirkus die verschiedenen Bereiche, die wir anbieten, besser darstellen kann und sozusagen das große Ganze ist. Wenn wir mit unseren bunten Autos, mit Musik, gutem Essen und guter Unterhaltung aufkreuzen, soll es ein Spektakel sein, es ist bunt wie ein Zirkus und es herrscht gute Laune – also dachten wir, dass dieser Name einfach besser passt. Außerdem greifen wir immer wieder Dinge aus dem Zirkus auf, zum Beispiel bin ich der Zirkusdirektor (lacht).

Die einzelnen Bereiche sind dann zum Beispiel die “Große Klappe”, also unsere Foodtrucks, “Jim´s Event-Manage” oder “Jim´s Catering”. Bei unseren Eventplanungen bieten wir alles an, von Organisation über Bestuhlung, Cocktails und Zelten bis hin zur Musik und natürlich dem Essen. Wenn’s ums Feiern geht, bekommt man von uns alles aus einer Hand (lacht). Wir betreiben auch einen Kaufladen und bei “Jim´s Altes Eisen” vermieten wir unsere Oldtimer für Promotion oder Messen.

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Ihr seid gerade aufgrund der aktuellen Situation mit euren Trucks rund um Augsburg unterwegs und versorgt die Leute in ihrer Mittagspause  mit Essen. Wie gut wird das angenommen?

Genau, seit November fahren wir wieder verschiedene Standorte an, um auch einfach in den Köpfen der Leute zu bleiben. Wir haben jetzt nach und nach einen Fahrplan ausgearbeitet, in dem steht, wo und wann wir mit dem Truck stehen. Zweimal in der Woche stehen wir zum Beispiel in Meitingen und das wird auch ganz gut angenommen. Jetzt kommt auch noch ein Standort in Oberhausen beim Media Markt dazu. Trotzdem bräuchten wir an jedem Standort nochmal 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz, dass es sich auszahlen würde. 

Letztens war ich zum ersten Mal in Diedorf und es wurde super angenommen. Das ist nicht selbstverständlich. Prinzipiell ist es einfach ein langwieriger Prozess, bis sich ein Standort wirklich auszahlt und die momentane Lage und die Jahreszeit macht es einem auch nicht gerade leichter. Es ist kalt draußen und man darf das Essen zur Zeit auch nicht vor Ort essen – das ist alles nicht so ideal. Trotzdem bleibe ich positiv. Ich plane gerade, einen Foodtruck im Winter umzubauen, sodass wir unseren Kunden kulinarisch noch mehr Abwechslung bieten können und dann hoffe ich, dass man das als Chance aus der Krise mitnimmt.

Standen deine Familie und deine Freunde bei deiner Gründung hinter dir oder waren sie eher kritisch?

So ein bisschen beides. Natürlich ist meine Familie erstmal kritisch gewesen, weil es ja auch um einiges an Geld ging, das man investieren musste. Außerdem bin ich ja kein gelernter Koch, also ich kann jetzt nicht “kochen”, sondern habe mir das alles selbst beigebracht. Das war am Anfang schon schwierig. 

Im ersten Jahr bin ich jedes Wochenende auf Streetfood Märkten unterwegs gewesen. Da ist man danach auch fix und fertig, weil man den ganzen Tag auf Trab ist und auch nicht viel schläft. Aber meine Freunde haben mich immer unterstützt und fanden das cool. Man sieht von außen aber natürlich auch nicht, wie viel Arbeit da dahinter steckt und wie anstrengend und schwierig so ein eigenes Business ist. Neben den Streetfood Events lief es dann glücklicherweise mit den Caterings gut an. Aber es ist einfach ein Geschäft, bei dem im Hintergrund noch viel Arbeit anfällt und bei dem man zu jeder Zeit erreichbar sein muss, gerade als Soloselbständiger – das ist so ein bisschen der einzige Nachteil. Man kann selten wirklich abschalten. Selbständig zu sein hat aber natürlich auch seine Vorteile. Mein Foodtruck ist wie ein Baby und jetzt wo sich langsam alles wieder bessert, merke ich auch einfach, dass ich mir nichts anderes vorstellen kann und es einfach das Richtige ist und ich auf dem richtigen Weg bin.

©Jim´s Geschmackszirkus

Würdest du sagen, dass das Finanzielle die größte Hürde bei der Gründung eines Start-ups darstellt?

Definitiv. Gerade am Anfang war ich nach drei Wochen eigentlich wieder pleite. Da musste ich meine Autos kaufen und erstmal viel rein investieren. Dann stellt man fest, dass man beispielsweise doch noch Kühlschränke benötigt oder Reparaturen anfallen. Da hat man einfach noch nicht den Umsatz und wenn es ein Wochenende durchregnet, dann kann das auch schnell mal in die Hose gehen. Deshalb musste ich erstmal nochmal einen Kredit beantragen. Das hilft dann, aber es ist einfach Geld, das man eigentlich nicht hat.  Deswegen muss man da wirklich am Ball bleiben und schauen, dass man am Anfang Umsatz macht, nicht direkt Gewinn, aber Umsatz. 

Man muss immer dranbleiben und darf nie aufgeben!

Maximilian “Jim” Eller

Welche Ereignisse sind dir auf deinem Gründungsweg besonders in Erinnerung geblieben?

Da fallen mir viele Praxisbeispiele ein (lacht). Das sind dann so Sachen wie, man fährt am Anfang los ohne den Kühlschrank festzuschrauben und muss dann bei der Ankunft feststellen, dass 20 Liter Barbecuesoße im Truck verteilt sind – daraus lernt man dann, dass der Kühlschrank vor Abfahrt abgesperrt werden muss (lacht). Oder der Bäcker vergisst die Semmelbestellung, die Kunden warten aber trotzdem auf dich, oder man steht im Stau und kommt nicht rechtzeitig zur Eventlocation oder vergisst den Kühlschrank einzustecken und dann muss man Fleisch wegwerfen… das sind so Kleinigkeiten aus denen man lernt.

Im Endeffekt ist die Start-up Philosophie, dass man einfach nie aufgeben darf und immer dranbleiben muss!  Das muss man sich immer vor Augen führen. Es ist wie im Leben, manchmal geht es Berg auf und dann wieder Berg ab. Und dieses Jahr eben leider viel Berg ab. Es finden sich aber immer Lösungen und dann geht es halt erstmal anders weiter.

© Larissa Ischwang

Auf was kannst du seit deiner Gründung stolz zurückblicken?

Auf jeden Fall auf die großen Events mit 2500 – 3000 Leuten, die wir organisiert und gemanagt haben. Das ist eine riesen Verantwortung, die man trägt, wenn du für das Essen zuständig bist. Events zu planen und dann am Ende das tolle Ergebnis zu sehen, wenn dann auch alles so läuft, wie man es sich vorstellt – das macht mir schon sehr viel Spaß und ist ein gutes Gefühl! Leute, die wir mit unserem Essen glücklich machen, das ist ein toller Anblick! Es sind aber auch ganz oft die kleinen Events, Hochzeiten oder Geburtstage, die wir mit unserem Essen beliefern. Der persönliche Kontakt ist da schon auch wichtig.

Du arbeitest auf Events teilweise auch mit anderen Foodtrucks zusammen. Seid ihr da in Augsburg untereinander gut vernetzt?

Ja, in Augsburg sind wir gut vernetzt. Ich kenne glaub ich jeden Foodtruck, der hier in der Umgebung unterwegs ist. Es gibt beispielsweise den Burger 7 oder Camouflage. Burger 7 hat bei mir früher gearbeitet und hat sich dann nach einer Weile selbständig gemacht. Es ist auf jeden Fall ein kollegiales Zusammenarbeiten und wir unterstützen uns gegenseitig. Es ist halt niemandem geholfen, wenn man gegeneinander arbeitet.

Du wirkst trotz allem sehr optimistisch. Wie schaffst du das, gerade jetzt in so schweren Zeiten?

Ja man muss optimistisch bleiben… aber das sah dieses Jahr auch schon anders aus. Ich glaube so oft wie in diesem Jahr habe ich noch nie wegen der Firma geweint oder war einfach kaputt. Man wusste eben nicht, wie es mit allem weiter geht. Das war schon eine große Herausforderung, auch was mein Privatleben angeht. Aber jetzt versuche ich gerade alles so “coronaunabhängig” wie möglich zu gestalten. Mit unseren Standorten versorgen wir momentan viele Menschen in ihrer Mittagspause mit unserem Essen und auch auf Social Media zeigen wir viel Präsenz. Es ist momentan einfach schwierig aus den Köpfen der Leute rauszubekommen, dass man im Moment gar nichts machen darf. Ein cooles Mittagessen to go wäre aber auf jeden Fall umsetzbar.

©Jim´s Geschmackszirkus

Inwieweit denkst du könnten Uni oder Hochschulen bei Gründungen noch mehr unterstützen?

Tatsächlich war es bei mir so, dass man da nur wenig darüber gelernt hat. Wir hatten aber einen coolen Professor der Potential in meiner Start-up Idee gesehen hat. Ich habe auch jetzt noch Kontakt zu einem Professor, der uns schon unterstützt hat. Leider ist es im Studium meiner Meinung nach so, dass man lediglich fürs Durchhalten belohnt wird und weniger darüber lernt, was man später wirklich gebrauchen könnte. Das ganze Gründen müsste viel einfacher und näher gebracht werden.

Wo siehst du Jim´s Geschmackszirkus in fünf Jahren?

Die Traumvorstellung wäre, dass wir mehrere Standorte die Woche haben, die mit 1-2 Foodtrucks gut laufen. Die sollen eine coole gastronomische Vielfalt haben, die die Leute einfach mögen. Wir würden uns wünschen, dass wir wieder coole und große Caterings machen dürfen. Das mache ich auch einfach sehr gerne. Bestenfalls verkaufe ich meine Grillsaucen bzw. meine Produkte deutschlandweit in Biomärkten und ich hätte gerne eine Art nachhaltiges Restaurant. Hier soll es nur reservierbare Plätze und ausgewählte unterschiedliche Menüs geben, die man dann auf Vorbestellung da hat. 

Ich habe ganz am Anfang mit meinem ersten Gewinn einen Brunnen in Afrika gebaut und unterstütze auch die Wärmeküche in Augsburg. Es wäre natürlich super, wenn man so ein Projekt nochmal machen kann.

Hast du noch ein paar abschließende Worte für uns?

Es ist einfach wichtig, dass man immer das tut, was einem Spaß macht. Man muss immer dranbleiben und auf sein Inneres und auch die Kunden hören. Also sein Hobby zum Beruf machen.

Danke für das interessante Gespräch und die ganzen Einblicke, die wir in deine Gründerstory bekommen haben.

Kurz vor Weihnachten verabschiedet sich Max mit seinem Team in die Winterpause, bevor es ab Mitte Januar an den verschiedenen Standorten wieder heißt: Manege frei für Jim’s Geschmackszirkus.

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