Presstige präsentiert: Unterhaltung à la Lockdown

Film: Pagglait
Anh Nguyen - Redaktion
Anh
Redaktion

Wenn wir an indische Filme denken, denken wir meistens an die Bollywood-Klassiker mit den vielen Slowmotion-Szenen, Tanzen und Musik. Indische Filme haben aber noch viel mehr zu bieten. Neben den bunten Komödien oder Liebesfilmen gibt es viele tolle indische Filmen mit gesellschaftskritischer Botschaft. Einen davon möchte ich euch vorstellen, nämlich “Pagglait”, eine Komödie aus dem Jahr 2020, die gerade auf Netflix läuft. In “Pagglait” geht es nicht um eine romantische Geschichte und es wird weder getanzt noch gesungen, sondern eine feministische Empowerment-Botschaft vermittelt.

Der Film dreht sich um die Geschichte der jungen Frau Sandhya, die nach ihrem Masterabschluss in eine arrangierte Ehe ging und Hausfrau wurde. Nicht mal ein halbes Jahr nach der Hochzeit steht ihr Leben auf einmal Kopf, nachdem ihr Mann Aastik plötzlich in einem Unfall starb. Während die Familie ihres Mannes sich mit der Vorbereitung der Beerdigung beschäftigt und über ihre Zukunft diskutiert, beobachtet Sandhya alles wie eine Außenseiterin. Sie ist verwirrt darüber, dass sie keine Trauer empfindet. Für sie war ihr Mann fast wie ein Fremder. Die beiden haben sich während der sechsmonatigen Ehe noch nicht richtig kennengelernt.

Dann entdeckt sie zufällig in dem Schrank ihres Mannes ein Foto von seiner Kollegin Akansha und denkt sofort, dass ihr Mann eine Affäre hatte. Sie ist wütend und eifersüchtig, möchte aber mit Akansha reden, damit sie ihren verstorbenen Mann besser verstehen kann. Es stellt sich heraus, dass Akansha und Aastik ein Paar waren, aber nicht heiraten durften, weil die  Familien aus zwei unterschiedlichen Schichten stammen. Sie haben aber nach der Hochzeit von Sandhya und Aastik kein Verhältnis mehr. Aus der unangenehmen Situation wird eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen. Nach vielen Treffen und Gesprächen mit Akansha erfährt Sandhya nicht nur mehr über ihren Mann, sondern auch über sich selbst. Sie hat wieder Ziele und Wünsche und möchte nicht mehr, dass andere über ihre Zukunft entscheiden. Stattdessen will sie ihren eigenen Weg gehen und unabhängig werden.

©gangsofcinepur

Aus Hollywood kommen in den letzten Jahren viele gute feministische Filme wie “Little Women”, “Bombshell” oder “Hidden Figures”. Es freut mich sehr, dass es jetzt auf Netflix auch einen Film zu diesem Thema gibt, der aus einem nicht-westlichen Kulturkreis kommt. Auf Hinduistisch bedeutet “Pagglait” “verrückt”: Wenn eine Frau sich für ein selbstbestimmtes Leben entscheidet, wird sie wahrscheinlich für verrückt gehalten. Der Film zeigt unaufgeregt und humorvoll auf, wie Frauen von sozialen Konstrukten und gesellschaftlichen Normen eingeengt werden. Und das findet natürlich nicht nur in Indien statt, sondern überall, nur in anderen Dimensionen.

Was mir an dem Film auch sehr gut gefallen hat, ist, dass ich mehr über hinduistische Sprache, Lieder und traditionelle Rituale sowie das Alltagsleben einer normalen Familie in Indien erfahren konnte. Wenn ihr euch für feministische Themen im sozio-kulturellen Kontext eines asiatischen Landes und die indische (Teil)Kultur interessiert,  kann ich euch diesen Film wärmsten empfehlen.

Musik: Wiesel
Valentin Erhardt - Redaktion
Valentin
Redaktion

Irgendjemand hatte es mal unter einem Video geschrieben: „Manche Meisterwerke verdienen mehr als einen Beat.“

Als ich zum ersten Mal die vielschichtige Soundkulisse hörte, die der „Schlingpflanzen“-Remix von Wiesel darstellt, konnte ich nur zustimmen. Ich hatte es nie für möglich gehalten, einen der – in meiner bescheidenen Ansicht – besten Texte Prezidents auf einem Beat zu hören, der das Orginal übertrifft, doch tut Wiesels Instrumental sogar mehr als das: Anstatt die Atmosphäre des Orginals nur einzufangen, verfeiert es sie, gibt ihr mehr Raum und verwandelt sie in einen Film, der sich über 3 Minuten ausgiebig entfaltet.

Scheinbar war ich nicht als einziger von Wiesels Machwerk beeindruckt: Nicht nur, dass Prezident den Remix in sein „Querschläger 3“-Mixtape aufnahm, nein, fürs letzte Album steuerte Wiesel sogar einen hochkarätigen Beat bei, über den Prezi einen wortgewaltigen Storyteller rappt („Ein Toast“). Wie in den meisten Fällen hört man sofort, dass hier Wiesel zu Werke war: Gespenstisch-schöne Melodien, die mit viel Hall durch einen leeren Saal wabern und deren einzelne Instrumente ineinander zu verschwimmen scheinen, wodurch ein einlullendes Soundbild entsteht. Einzig greifbar sind die Drums, die im Takt durch die Klangkulisse führen, welche sich stetig wandelt; mal anschwillt, mal an Intensität verliert und ein Eigenleben zu führen scheint.

Dieser Stil setzt sich auch abseits der Remixes fort, wenn Wiesel die Musik textlos lässt oder höchstens Sample-Fetzen durch den Raum hallen. Mit „Art of Life“, „Strange“ oder „Failing“ kreiert er Soundtracks für einsame Nächte, Autofahrten zwischen Neonlichtern und Trips durch den eigenen Kopf, mit denen er sich auszukennen scheint. So rappt Wiesel auf „Paralysiert“ beispielsweise selbst und erweist sich als enormes Multitalent, das zusätzlich zur musikalischen Versiertheit auch noch imstande ist, präzise Zeilen zu formulieren und sie druckvoll einzurappen.

WhatsApp Image 2021-05-27 at 12.26.31
©Wiesel

Kurzum, der Junge kann scheinbar alles, und das gut. Finden kann man Wiesel auf YouTube, Instagram und Facebook, wo er dann und wann ein Lebenszeichen von sich gibt und neues aus der Schmiede präsentiert. Das letzte Machwerk kam mit einer Anmerkung: „Wiesel – ‚Shvdowlvnd‘ coming soon!“

Film: The Hate U Give
Clarissa
Redaktion

Polizeigewalt gegen Schwarze und People of Color ist in den USA kein Einzelfall. Gemessen am Bevölkerungsanteil werden sie mehr als doppelt so oft getötet wie Weiße. Fassungslos war die Welt nach der Tötung George Floyds vor fast genau einem Jahr (25.Mai 2020). Es kam zu Demonstrationen und Protesten. Die Welt wehrte sich gegen solche grausamen Taten, doch dazu zählt auch viel Mut.

„What’s the point of having a voice if you’re gonna be silent in those moments you shouldn’t be?“ –The Hate U Give

Starr Carter musste als Kind mit ansehen, wie ihre Freundin erschossen wurde. Doch sie traute sich nicht, sich zu diesem Vorfall zu äußern und schwieg. Jahre später wird bei einer Polizeikontrolle ihr Freund Khalil erschossen. Die zwei Teenager waren unbewaffnet. Khalil beugte sich lediglich ins Auto und nahm eine Bürste. Die Polizei versuchte die Tat zu rechtfertigen und behauptete, der Junge sei ein Drogendealer gewesen. Der Polizist wurde nicht verhaftet.

Als einzige Zeugin ist nur Starr in der Lage für die Gerechtigkeit für Khalil zu kämpfen. Wieder einmal muss sie sich entscheiden, ob sie ihre Stimme erhebt und aussagt oder schweigt. Wird sie ihr Schweigen brechen und somit ihr Leben und das ihrer Familie in Gefahr bringen?

The Hate U Give ist ein ergreifendes Drama, das die Ungerechtigkeit gegenüber Schwarzen in den USA zeigt.

Worauf wartest du noch? Auf Amazon Prime oder auf YouTube kannst du dir den Film ausleihen oder kaufen!

©Clarissa Bilevitz
Serie: Malcolm Mittendrin
Sarah Schuster - Redaktion
Sarah
Redaktion

Ich habe es satt, jede Woche eine neue Serie anzufangen, nur weil sie brandneu ist und gerade jeder anschaut, oder irgendein Hobby-Journalist* sie mir empfiehlt. Manchmal brauche ich einfach eine Serie, die mich berührt, die mich umarmt, die mir sagt, dass alles gut wird und ich meine Sorgen jetzt zurücklassen kann. Gerade in einer Zeit voller Veränderungen, Ungewissheiten und geplatzten Träumen kommt ein wenig Sicherheit, auch wenn sie nur in meiner Fantasie herrscht, ganz gelegen.

Sicherheit – ein Gefühl, das sich so warm und wohlig anfühlt wie das letzte Mal, als ich bei Oma unter der warmen Wolldecke auf der Couch gelegen habe, sie mir Wadenwickel gegen das Fieber vorbereitet, mir die Hand auf die Stirn gelegt und mich im Liegen mit Suppe gefüttert hat, während der Fernseher lief.

Wenn ich Glück hatte, lief gerade Malcolm Mittendrin: Eine Serie aus den frühen 2000ern, die die Geschichte des allmählich pubertierenden Malcolm erzählt, der einen Intelligenzquotienten von 165 besitzt, aber scheinbar in einer Familie voller durchgedrehter Schwachköpfe aufwächst. Nichtsdestotrotz liebt er diese Vollidioten – sie mögen zwar eine Schraube locker haben, öfters mal die Fassung verlieren und am Küchentisch ab und zu eine Ganzkörperrasur vornehmen. Doch anders als die anderen Hochbegabten aus Malcolms Klasse und deren Eltern, sagen sie stets, was sie denken. Man weiß, woran man bei ihnen ist und auf sie kann man sich verlassen. So beschreibt es Malcolm selbst, als er im Gespräch mit seinem Vater „die vierte Wand bricht“ und sich direkt zur Kamera wendet, um seine Gedanken zu erzählen. Auf diese Weise führt er durch die gesamte Serie.

Malcolm und seine Familie sind unentwegt und unerschrocken unaufhörlich sie selbst. Und nicht zuletzt diese Eigenschaft macht sie zu liebenswürdigen und gar charmanten Charakteren: Sie machen Fehler, sie sind ehrlich, sie verprügeln jemanden, der sie provoziert und fühlen sich nachher wie ein Monster. Sie sind menschlich.

Die Serie versteht es, ihre Zuschauer auf Trab zu halten, zu überraschen und schlichtweg gänzlich in den Bann zu ziehen. Malcolm Mittendrin ist eine kluge, mit Humor gefüllt und mit Herz verfeinerte Serie, die durch ihr ausgewogenes Ensemble – die starke Mutter, der schrullige Vater, der nervige kleine Bruder, die draufgängerischen großen Brüder, der schüchterne beste Freund, und Malcolm mittendrin – besticht. Um das grandiose, gar meisterhaft geniale Intro ergänzt wird die Serie zum schier perfekten Nostalgie-Trip in meine Kindheit.

Wer will sonst noch nicht erwachsen werden? Setzt euch auf die Couch, ich mache einen Teller Suppe warm und decke euch ganz fest ein, der Fernseher ist schon an.

©️Amazon Prime Video

Malcolm Mittendrin (im Original: Malcom in the Middle) gibt’s bei Amazon Prime. So auch einige andere Serien aus den frühen 2000ern. Und das Studenten-Abo ist das erste halbe Jahr kostenlos…

—————————-

*zu dieser Sparte Mensch zähle ich mich selbst ebenso

Schreibe einen Kommentar