Ein Weihnachtswunder – entstanden durch Zusammenhalt und Liebe

„Lebe jeden Tag als wäre es dein letzter.“ Doch was, wenn du weißt, dass es wirklich dein letzter sein könnte? Ich lebe, so wie ich es immer nenne, auf Bonus. Eigentlich sollte ich vor ungefähr einem Monat ein Engel geworden sein. Doch das bin ich nicht. So lag ich hier, in meinem Krankenbett, alleine, an Heiligabend. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und die Liebe meines Lebens kam herein. Er kam zu mir und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Ich werde dich heute entführen“, seine Augen funkelten wie Millionen Diamanten. Er hob mich aus meinem Krankenbett in meinen Rollstuhl hinein und zog mir Jacke und Mütze an. Draußen schlug mir sofort die kalte Winterluft entgegen. Mit seiner warmen Stimme erzählte er mir bedeutungslose Sachen. „Wohin bringst du mich jetzt?“, fragte ich ungeduldig. „Zu mir nach Hause. Oder denkst du ich lass dich Weihnachten alleine?“ „Warte! Was? Du bringst mich zu dir und ich hab nur meine Jogginghose und ein altes Top an!“, rief ich aufgebracht. Er lachte. „Du bist so oder so die Schönste.“

Je weiter wir uns vom Krankenhaus entfernten, desto nervöser wurde ich. „Hier können wir leider nicht mit dem Rollstuhl rein, deshalb werde ich dich tragen.“ Drinnen lag der Duft von Plätzchen in der Luft, Weihnachtslieder waren zu hören und ich konnte die Liebe spüren. Ich hatte leider keine Familie. Nicht mehr. Er brachte mich ins Wohnzimmer, in welchem seine Mama, sein Papa und seine kleine Schwester auf der Couch vor einem wunderschönen Christbaum saßen. „Willkommen, Schätzchen. Wir haben schon so viel von dir gehört.“ Sofort wurde ich von ihnen herzlich umarmt. „Danke“, flüsterte ich gerührt. Sanft ließ mich mein Junge auf der Couch nieder. Und so saßen wir schweigend da und sahen seiner Schwester zu, welche zu den Weihnachtsliedern tanzte, seiner Mutter, welche das Essen in der Küche zubereitete und seinem Dad, welcher alles filmte.

„Papa, tanz mit mir!“, rief die Kleine fröhlich und zog an der Hand von ihrem Dad. „Wollen wir auch tanzen?“, wurde ich gefragt. „Du weißt, dass ich es nicht kann“, flüsterte ich traurig. Ich war zu krank. „So etwas möchte ich nie wieder hören, okay? Wir zwei schaffen alles“, meinte er weich. Ein weiteres mal hob er mich hoch und ging in die Mitte des Raumes. Ganz langsam ließ er meine Beine los und setzte meine Füße auf seine. Sein Griff blieb fest um meine Taille. Ich sah wieder hoch in diese wunderschönen Augen. „Vertraust du mir?“, flüsterte er. „Immer“, antwortete ich sofort. Langsam begann er, uns im Takt zu bewegen. Ich hatte mich so in ihn verliebt. Ich wollte nicht gehen. Er war der Grund, warum ich immer mehr wollte. Mehr Zeit. Wenn man niemanden hat den man liebt, oder der einen liebt, dann ist es leicht zu gehen. Er war mein einziger Grund, warum ich jeden Tag gerne diese Schmerzen auf mich nahm.

„Essen ist fertig“, unterbrach seine Mom die Stille. Das Essen schmeckte wirklich köstlich. „Ich werde kurz auf die Toilette gehen“, meinte mein Junge und stand auf. Wenig später läutete es auf einmal. „Das Christkind! Das Christkind!“ Die Kleine sprang ganz aufgeregt auf. „Na los, lass uns ins Wohnzimmer gehen“, sagten die Eltern lächelnd. Und schon stürmte sie los. Wir setzten uns auf die Couch und sahen zu, wie sie begeistert ihre Geschenke auspackte. Ihre Freude war so ansteckend, dass wir uns alle mit ihr freuen mussten. „Ich glaube es wird langsam Zeit für dein Geschenk, aber da müssen wir in mein Zimmer gehen.“ „Was? Nein, du musst mir doch nichts schenken“, meinte ich hektisch. Ich hatte nichts für ihn. „Keine Angst, es ist nichts Großes.“ Er öffnete eine Tür. Bevor er jedoch hineinging, blieb er stehen.

„Schau nach oben“, hauchte er. Neugierig folgte ich ihm und sah einen Mistelzweig. „Du weißt was das heißt?“, seine Stimme war ganz sanft. Ich nickte und mein Herzschlag beschleunigte sich. Langsam beugte er sich zu mir herunter. Seine Lippen waren nur noch einige Millimeter von meinen entfernt. „Ich habe mich wahnsinnig in dich verliebt“, murmelte er und schloss schließlich den Abstand zwischen uns. Vorsichtig erwiderte ich den Kuss. Eine Glücksträne rann über meine Wange. „Ich habe mich auch in dich verliebt“, flüsterte ich überglücklich. Ich wusste, dass es falsch war, dass ich ihn nur noch mehr verletzte, aber ich konnte nicht anders. Mein Herz konnte nicht anders. Ich vergaß, dass ich morgen vielleicht nicht mehr aufwachen würde, ich vergaß meine Schmerzen. Es zählte nur er. Für ihn würde sich der Kampf lohnen. Für unsere Liebe. Er hatte mir heute das größte Geschenk gemacht, das ein Mensch einem anderen machen kann. Jeder redet doch immer von einem Weihnachtswunder, vielleicht war das meins. Vielleicht war meine Situation doch nicht so hoffnungslos. Vielleicht würde ich es zusammen mit ihm ja schaffen. Vielleicht gab es ja doch noch ein morgen für mich. Vielleicht…

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