credium bringt Künstliche Intelligenz nach Augsburg

Zwischen Gründerstories und Erfolgsgeschichten – die Augsburger Start-up Szene

Neues Jahr – neues Start-up. Dieses Mal haben wir uns mit Timm Tränkler getroffen, der zusammen mit Lars Wederhake und Wolfgang Kratsch das Start-up credium gegründet hat. Das relativ junge Unternehmen wurde erst im Juni 2020 gegründet und beschäftigt sich mit PropTech, also der digitalen Transformation der Immobilienbranche.

Die Gründungsgeschichte von credium ist zudem eng mit der Uni Augsburg verbunden, was es für uns natürlich umso spannender macht Timm Tränkler, einen der Köpfe hinter dem Start-up, genauer kennenzulernen. Wer weiß, vielleicht seid ihr ja die nächsten Gründer_innen von morgen?!

Im Interview mit Timm erfahrt ihr mehr über die Entstehung von credium, die Idee hinter dem Unternehmen, welche Rolle die Uni Augsburg bei ihrer Gründung spielte und wie es ist, in Krisenzeiten ein Start-up zu gründen.

Ein Teil des Teams von credium (v. l. n. r.): Timm Tränkler, Ayman Al Jullaq, Thomas Malchers und Lars Wederhake © Matthias Leo/Hochschule Augsburg

Wie kam es dazu, dass du mit Lars und Wolfgang ein eigenes Unternehmen gegründet hast?

Wir haben alle drei an der Uni Augsburg studiert. Ich habe im Bachelor ganz langweilig BWL studiert (lacht) und meinen Master in Finanz- und Informationsmanagement gemacht. Wolfgang hat Wirtschaftsinformatik studiert und Lars hat seinen Master ebenfalls in Finanz- und Informationsmanagement auch hier an der Uni in Augsburg gemacht. Wir haben alle unsere Doktorarbeit an der Uni Augsburg geschrieben und uns dabei mit dem Thema Energieeffizienz auseinandergesetzt. Die Idee zu credium ist dabei mehr oder weniger aus unserer Forschung heraus entstanden.

Wie ist die Idee hinter credium entstanden?

Wir haben uns während unserer Promotion unter anderem mit der Fragestellung befasst, wie man das Energieeffizienzpotenzial von Gebäuden datenbasiert bewerten kann. 

Das heißt, dass wir beispielsweise nur auf Basis einer Adresse oder einer Geokoordinate Aussagen über das Gebäude treffen können und Empfehlungen geben, was saniert werden sollte und welche energetischen und finanziellen  Einsparungen zu erwarten sind. Dazu haben wir durch Satellitenbilder oder 3D-Punktwolken viele Daten über Gebäude gesammelt und sie mittels Künstlicher Intelligenz (KI) analysiert.

Und genau das machen wir jetzt auch bei credium. Wir konzentrieren uns auf die Strukturierung, die Analyse und die Bereitstellung von Immobilien-Informationen, die bisher nur manuell und schwer zugänglich sind. 

© credium

Könntest du uns den Begriff 3D-Punktwolke genauer erklären?

Ja klar, das ist auch mega spannend, dass ihr das ansprecht. Wir sind da voll in unserer Welt drinnen und vergessen manchmal, dass die Begriffe nicht für jeden direkt verständlich sind (lacht).

In unserem Fall entsteht eine 3D-Punktwolke aus einem Laserscan von einer Oberfläche oder einem Objekt. Bei unserer Datenquelle ist es so, dass Flugzeuge über Deutschland fliegen und mit einem Laser die Erdoberflächen abscannen. Daraus erhält man anschließend viele georeferenzierte Punkte, also Punkte in einem erdbezogenen Koordinatensystem, aus denen man dreidimensionale Objekte ableiten kann, mithilfe derer z.B. das Volumen oder die Dachneigung eines Gebäudes abgeleitet werden können.

Was macht ihr, um eure Idee die ihr mit credium verfolgt umzusetzen und an den Kunden zu bringen?

Im ersten Schritt wollen wir die gesammelten Daten unseren Kunden anbieten, das heißt wir verkaufen erstmal “nur” Daten. Das werden am Anfang vermutlich Finanzdienstleister sein. Wenn man sich beispielsweise ein Haus kaufen möchte, dann gibt es bei der Bank, die den Kauf höchstwahrscheinlich finanzieren würde, viele Prozesse bei denen man eine Vielzahl von Informationen zur Immobilie bereitstellen muss. An dieser Stelle kommen wir dann ins Spiel, denn wir können einen großen Teil der Informationen bereitstellen und somit den Prozess deutlich effizienter und günstiger gestalten, indem wir ihn digitalisieren. 

Das reine Datenbereitstellen klingt jetzt noch nicht ganz so sexy (lacht), muss ich zugeben…und ich glaube auch, dass die meisten Leute da eher keinen Bezug zu haben. Aber im nächsten Schritt wird es möglich, die generierten Daten zu nutzen, um ganz andere Fragestellungen im Bereich Nachhaltigkeit, Stadtplanung, Standortmarketing oder Infrastrukturplanung zu beantworten. Beispielsweise im Hinblick auf das 5G Netz. Wir könnten einen Anwendungsfall bauen, bei dem wir unsere Daten nutzen, um den richtigen Standort für Sendemasten zu finden.

Wie  sieht eure Öffentlichkeitsarbeit aus, um neue Kunden zu erreichen?

Dadurch, dass wir noch so jung sind, machen wir es im Moment ganz gezielt und greifen auf unsere persönlichen Netzwerke zurück oder gehen auf potentielle Kunden direkt zu. Wir schalten noch keine Werbung in Magazinen oder bei Google, da es im ersten Schritt schon eine spezielle Lösung ist. Wenn wir weiter wachsen, ist es aber natürlich für uns auch wichtig gefunden zu werden, sowohl von potentiellen Kunden als auch von potentiellen neuen Teammitgliedern.

Ihr habt das EXIST-Stipendium gewonnen. Was genau hat es mit dem Stipendium auf sich und wie hat es euch weitergeholfen?

Das EXIST-Stipendium ist ein tolles Programm, das einem die Möglichkeit bietet, innerhalb von einem Jahr an seinem Produkt oder seiner Dienstleistung weiter zu arbeiten. Das Stipendium ist speziell auf Gründungen mit einem wissenschaftlichen Kontext ausgerichtet. Dabei werden drei Teammitglieder gefördert, die ein monatliches Stipendium erhalten, was dafür gedacht ist, den Lebensunterhalt zu finanzieren. Man erhält ebenfalls ein Budget für Sachkosten wie zum Beispiel für Hardware, etwa einen Computer, und ein Budget für Coaching.

Gerade wenn man frisch aus dem Bachelor- oder Masterstudium kommt, hat man meistens noch nicht ausreichend Ersparnisse…das EXIST-Stipendium ist da ein tolles Programm zur Gründungsförderung.

Wie habt ihr eure Gründung zusätzlich finanziert?

Dadurch, dass wir “aus unserer Promotion raus” gegründet haben, hatten wir natürlich finanzielle Rücklagen, da wir an der Uni als wissenschaftliche Mitarbeiter angestellt waren. Das war aber natürlich noch lange nicht ausreichend. Deswegen war es toll, dass wir durch das Stipendium unterstützt wurden. Außerdem hatten wir das Glück, relativ schnell zahlende Kunden zu gewinnen, was uns anfangs finanziell sehr geholfen hat.

Habt ihr von der Uni Unterstützung bei eurer Gründung bekommen?

Also inzwischen gibt es da echt coole Angebote, sowohl an der Uni als auch an der Hochschule, beispielsweise Coachings oder Veranstaltungen. Wir waren  an der Hochschule Augsburg, weil ein Professor von uns dort angestellt ist. Mein Gefühl ist, dass das Angebot für Gründung in Augsburg in den letzten Jahren auch echt zugenommen hat und es mittlerweile viele Veranstaltungen gibt. Außerdem ist eine coole Community entstanden, die sich untereinander hilft.

Denkst du, dass Unis und Hochschulen noch mehr in Richtung “Gründung” lehren könnten?

Ja definitiv…ich finde es vor allem wichtig, dass ein Bewusstsein für Gründung geschaffen wird. Ehrlicherweise ist die Denkweise der Selbständigkeit und des Unternehmertums ja nicht nur für Gründende wichtig, sondern auch Angestellte sollten diese Sichtweise und Denkweise nachvollziehen können.

Mit einer guten Idee und einem guten Team macht Selbstständigkeit echt Spaß.

Timm Tränkler – Mitgründer von credium

Hattest du schon immer den Wunsch selbstständig zu sein?

Die Selbständigkeit hat mich tatsächlich schon sehr lange Zeit interessiert, weshalb ich damals schon im 2. Semester beim “5-Euro-Business” mitgemacht habe (lacht). Die Idee dahinter ist, dass man mit diesen fünf Euro Startkapital sein eigenes Unternehmen in einer fest vorgegeben Zeit gründen soll. Seitdem war ich dann so ein bisschen angefixt und außerdem war es mir schon immer wichtig eigenständig zu arbeiten.

© credium

Habt ihr schon Erfolgserlebnisse auf die ihr stolz zurückblicken könnt, obwohl ihr neu am Start-up Himmel seid?

Ja, es ist echt super angelaufen. Dass wir das EXIST-Stipendium gewonnen haben, war schon echt eine tolle Sache. Außerdem würde ich die anfangs schnelle Gewinnung unserer Kunden definitiv als Erfolg bezeichnen. Es ist nicht selbstverständlich schnell “zahlende Kunden” zu generieren.

Zuletzt wurden wir in den “nowtonext startup accelerator” vom Digitalen Zentrum Schwaben (DZ.S) aufgenommen. Nowtonext ist ein sechsmonatiges, kostenfreies Intensivprogramm für Gründerteams mit digitalem Geschäftsmodell. Dafür muss man sich auch bewerben, seine Idee vor einer Jury pitchen und wird dann, wenn es gut läuft, aufgenommen.

Würdest du sagen, dass Corona euch geschwächt bzw. gestärkt hat?

Also wir haben glücklicherweise nicht so starke Auswirkungen gespürt… unsere Projekte sind weitergegangen und wir konnten normal arbeiten. Wir haben allgemein die Philosophie, dass jeder, egal von wo, bei uns arbeiten kann und nicht zwingend ins Büro kommen muss…das war sicherlich ein Vorteil.

Allerdings war es eine schwierigere Zeit um Kunden zu gewinnen, da man mit ihnen schlechter in Kontakt gekommen ist…da hat es uns sicherlich ein wenig zurückgeworfen.

Gibt es Dinge, die bei eurer Gründung schief gelaufen sind?

Ja klar (lacht), und ich finde es auch ganz wichtig darüber zu sprechen. Meistens werden nur die Ereignisse erwähnt, die gut gelaufen sind und die Misserfolge werden eher verschwiegen. Wir haben uns beispielsweise für Förderungen beworben, bei denen wir dann nicht genommen wurden. Man steckt viel Zeit in die Vorbereitungen zur Aufnahme in solche  Programme… wenn man dann nicht genommen wird, ärgert man sich schon. Trotzdem lernt man auch aus Misserfolgen und bekommt Feedback. Das hilft dann indirekt natürlich auch.

Wo seht ihr euch in fünf Jahren?

Wir haben auf jeden Fall Bock mit credium weiter zu wachsen und ein cooles und auch großes Unternehmen aufzubauen. Ich denke in fünf Jahren ist es auf jeden Fall realistisch, dass wir gewachsen sind und hoffentlich nicht nur in Deutschland sondern auch europaweit unsere Lösungen vertreiben können.

Wollt ihr Augsburg trotzdem als euren Hauptstandort beibehalten?

Ja, auf jeden Fall. Wir haben uns anfangs überlegt, ob es sinnvoll wäre woanders hinzugehen, also vermutlich nach München, aber tatsächlich sind wir hier super happy. In Augsburg gibt es eine Menge coole Möglichkeiten und es ist eine wachsende Community in der Start-up Szene. Zudem ist es auch so, dass man hier in Augsburg gute Mitarbeiter_innen gewinnt, da es sowohl eine gute Uni als auch eine gute Hochschule gibt. Das sehen wir auch als Vorteil und freuen uns natürlich über Bewerbungen von den Studierenden!

Vielen Dank für die Einblicke in euren Gründungsweg und die spannenden Informationen über euer Start-up.