Ein Ehrenamt zu Zeiten der Coronapandemie

Es geht weiter mit der Artikelreihe “Unsere stillen Held:innen”. Im letzten Interview haben wir das Studium der Hebammenkunde besser kennengelernt. Heute geht es um eine Tätigkeit, welche aus der Pandemie heraus entstanden und unabdingbar geworden ist. Teststationen – sowohl in der Stadt als auch auf dem Land gibt es inzwischen viele von ihnen. Neben gewerblichen Teststationen oder Apotheken gibt es auch Teststationen, die ausschließlich ehrenamtlich betrieben werden. Diese Helfer:innen leisten vor Ort einen großen Beitrag in der Pandemie, weshalb dieses Ehrenamt definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hat.

Unsere stillen Held:innen

Ich habe mich für ein Interview mit Larissa getroffen. Sie ist 24 Jahre alt, studiert im 4. Semester Medien und Kommunikation an der Universität Augsburg und ist ebenfalls Teil der presstige-Redaktion. Neben dem Studium ist sie ehrenamtlich beim Bayerischen Roten Kreuz in ihrer Bereitschaft Zusmarshausen westlich von Augsburg tätig und engagiert sich momentan zusätzlich als Helferin im Testzentrum. 

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist eine humanitäre Hilfsorganisation, die Teil der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ist. Diese wurde 1863 von Henry Dunant gegründet und handelt über ihre nationalen Gesellschaften mittlerweile weltweit im Sinne des humanitären Völkerrechts und nach deren Grundsätzen. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem der Zivil- und Katastrophenschutz oder die Wohlfahrts- und Sozialarbeit. Das DRK wurde 1921 gegründet und feiert in diesem Jahr ihr 100 jähriges Bestehen. Mehr Informationen zum DRK findet ihr hierIn Bayern ist die Rotkreuz-Bewegung durch den Landesverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) vertreten.

Seit wann bist du ehrenamtlich aktiv?

Beim Roten Kreuz bin ich seit circa vier Jahren aktiv. Ich bin über eine Freundin dazu gekommen. Ich habe dort meine Ausbildung zur Sanitäterin und Fachsanitäterin abgeschlossen und bin zusätzlich in der Jugendarbeit – dem Jugendrotkreuz – tätig. Im Laufe der Jahre habe ich immer mehr Aufgaben übernommen und, wie man sieht, bin ich immer noch dabei (lacht). In den Teststationen engagiere ich mich seit mehreren Monaten und helfe hier mittlerweile mehrmals in der Woche.

 

Was hat dich dazu bewegt, dich ehrenamtlich zu engagieren?

Ich habe mich schon immer sozial engagiert. Beim Roten Kreuz bin ich jetzt schon sehr lange, weil es mir einfach sehr viel Spaß macht. Es geht vor allem darum, als Gemeinschaft aktiv zu sein und anderen Menschen zu helfen. Das hat mich dazu bewegt zu bleiben.

 

Du hilfst in Zusmarshausen und der Umgebung in den Teststationen, die das Rote Kreuz ehrenamtlich betreibt. Was genau sind deine Aufgabenbereiche?

Neben dem normalen Betrieb in der Teststation bin ich auch im Organisationsteam. Hier organisieren wir die Personalplanung, kümmern uns um das Material und schauen, dass der Laden läuft. Außerdem bin ich für die Öffentlichkeitsarbeit der Teststationen zuständig. Dazu habe ich Flyer und Plakate erstellt, bin mit den einzelnen Gemeinden in Kontakt und betreue unsere Facebook-Seite.

 

Wie bist du dazu gekommen, im Organisationsteam zu helfen?

Mit Beginn des Testens im Dezember 2020 gab es noch kein Organisationsteam – die Organisation hat unser Bereitschaftsleiter alleine übernommen. Mittlerweile haben wir unsere Teststationen auf vier Standorte erweitert und unser Team ist auf über 150 ehrenamtliche Helfer:innen gewachsen. Die Koordination war dann alleine nicht mehr möglich und wir haben unser Team auf vier Personen erweitert.

© Larissa Ischwang

Über 150 Helfer:innen, das ist eine beachtliche Anzahl. Wie kam es dazu, dass sich so viele engagiert haben?

Zusätzlich zu den aktiven Mitgliedern des Roten Kreuzes, unter anderem aus den Bereitschaften, der Wasserwacht und dem Jugendrotkreuz, haben wir auch große Unterstützung aus den einzelnen Gemeinden erfahren. Wir haben dazu einen Aufruf für Helfer:innen gestartet und einige Rückmeldungen erhalten. Gerade auf dem Land habe ich das Gefühl, dass sich generell viele Menschen sozial engagieren, weil es dort eben auch viele Vereine gibt. Da aber die Vereinsaktivität im Moment nahezu nicht möglich ist, helfen sie jetzt in den Teststationen.

 

Neben deinen anderen Aufgabenbereichen hilfst du auch vor Ort in den Teststationen. Was genau sind hier deine Aufgaben?

Ich bin dort entweder als Helferin oder Abstreicherin eingeteilt. Das bedeutet, dass ich an der Anmeldung oder der Auswertung arbeite oder den Abstrich durchführe. Weil ich als Abstreicherin im direkten Kontakt zu den Personen bin, die sich testen lassen, trage ich hier einen Ganzkörperschutz und sehe ein bisschen aus wie eine Astronautin (lacht).

 

Habt ihr eine Schulung bekommen, wie ihr die Tests durchführen müsst?

Ja, das haben wir. Alle Helfer:innen einer Teststation bekommen eine ärztliche Delegation von unseren Chefärzt:innen. Zudem gibt es Schulungen, in denen der Ablauf einer Teststation, das richtige Anlegen der Schutzausrüstung, Hygiene und die Durchführung der Tests erklärt werden. Zum Abstreichen braucht man dann noch zusätzliche Schulungen. Neben einer theoretischen Schulung folgt vor Ort dann nochmal eine praktische Einweisung unter Aufsicht einer Praxisanleitung. Erst nach diesen Schulungen und Einweisungen darf man als Abstreicher:in helfen. Bei uns dürfen auch nur Personen abstreichen, die eine medizinische Ausbildung haben. Das kann, wie bei mir, eine Ausbildung zur Fachsanitäterin sein oder aber auch eine Ausbildung im medizinischen Bereich, wie beispielsweise eine Arzthelferin oder ein Arzthelfer.

 

Wie kann man euch bei eurer Arbeit unterstützen?

Über eine finanzielle Unterstützung freuen wir uns immer. Gerade das Ehrenamt ist nach wie vor auf Spenden und Fördermitglieder angewiesen. Andererseits hoffen wir natürlich, dass die Leute unsere Arbeit wertschätzen und uns hier ein bisschen entgegenkommen. Es lässt sich deutlich einfacher arbeiten, wenn die Leute freundlich, geduldig und offen sind, zumal wir Helfer:innen das alles in unserer Freizeit machen. Außerdem besteht natürlich die Möglichkeit selbst aktiv zu werden. Man kann beispielsweise in einer der ehrenamtlich betriebenen Teststationen nachfragen und seine Hilfe anbieten. Das ist, denke ich, tatsächlich der einfachste Weg, uns und andere Teststationen zu unterstützen. Darüber hinaus ist ehrenamtliches Engagement immer gern gesehen und macht sich auch gut im Lebenslauf. Wobei das natürlich nicht die Hauptintention sein sollte (lacht).

Wie läuft es ab, wenn jemand positiv getestet wird?

Wenn dieser Fall eintritt, wird die Person über das weitere Vorgehen von uns aufgeklärt. Die positiv getestete Person muss dann auf direktem Weg nach Hause und sich in Quarantäne begeben. Anschließend wird das Gesundheitsamt informiert. Daraufhin muss die Person einen PCR-Test machen, um ein genaueres und auch aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten. Erst wenn hier ebenfalls ein positives Ergebnis vorliegt, beginnt die ganze Maschinerie mit der Kontaktverfolgung und der zweiwöchigen Quarantäne. Bei einem positiven Schnelltest-Ergebnis sollte man deshalb erstmal keine Angst haben. Die Tests schlagen eher einmal zu viel an als einmal zu wenig.

 

Das hört sich alles nach viel bürokratischem Aufwand an… 

Ja, der ist sehr hoch. Das steht ehrlich gesagt auch uns etwas im Weg. Wir können nicht einfach starten, sondern es muss sehr viel beachtet werden. Wir führen Listen, damit wir jede Person und jeden Test genau dokumentieren können – von der Art des Tests bis hin zur Anzahl der täglich durchgeführten Tests. Das alles ist wichtig für die Abrechnung am Ende.

 

Verdient ihr damit Geld?

Ja, wir arbeiten im Auftrag des Staates und bekommen dafür Geld. Alle Einnahmen, die wir erhalten, werden bei uns wieder in die Arbeit des Roten Kreuzes investiert. Damit können wir beispielsweise die fehlenden Einnahmen von Sanitätsdiensten, die durch  die Pandemie weggefallen sind, kompensieren.

 

Kommt es auch manchmal zu Komplikationen, ich sag mal mit “schwierigen Menschen”?

Es gab tatsächlich schon Beschwerden und Kritik, die wir aber alle klären konnten. Für uns ist das Betreiben einer Teststation eben auch noch relativ neu. Wenn jemand konstruktive Kritik äußert, dann nehmen wir das gerne an, um uns verbessern zu können. Aber die Mehrheit ist überhaupt dankbar, dass wir uns engagieren und der Bevölkerung diese Möglichkeit bieten. Das steht für uns im Vordergrund.

 

Wie ist generell die Stimmung im Team?

Die Stimmung ist sehr gut. Es ist eine große Gruppe, die sich aus den verschiedensten Leuten zusammensetzt. Wir haben von jung bis alt, von Student:innen bis Rentner:innen, alles dabei. Auch die verschiedenen Rotkreuz-Gemeinschaften arbeiten hier Hand in Hand miteinander. Das ist tatsächlich nicht immer der Fall und macht es umso besser.

 

Ein Team der Teststation des BRK Zusmarshausen/Dinkelscherben vor der Teststation in Dinkelscherben. ©Larissa Ischwang

Wie schaffst du es, Studium und Ehrenamt unter einen Hut zu bekommen?

Es ist im Moment gar nicht so einfach Studium, Arbeit und Ehrenamt zu vereinbaren. Im Organisationsteam unterstützen wir uns gegenseitig sehr gut. Das Studium geht immer vor und das wird auch voll akzeptiert. Wenn es aufgrund von Abgaben oder Hausarbeiten zeitlich eng wird, übernimmt jemand anderes meine Arbeit. Durch die Online-Uni kann ich mir mein Studium auch sehr gut einteilen und bin dadurch deutlich flexibler. Aber die ein oder andere kurze Nacht ist trotzdem ab und an dabei (lacht).

 

Würdest du dich selbst als Heldin bezeichnen?

Ich würde mich nicht als Heldin bezeichnen, aber das “still” ist auf jeden Fall gerechtfertigt. Für viele ist es mittlerweile zur Normalität geworden, in Teststationen zu gehen. Ich habe das Gefühl, dass teilweise vergessen wird, dass wir auch nur Menschen sind und uns ehrenamtlich in unserer Freizeit engagieren. Oftmals fehlt es an Anerkennung… auf der anderen Seite bekommen wir auch viel Zuspruch für unsere Arbeit in der Pandemie. Gerade in der aktuellen Situation, finde ich, sind vor allem Pfleger:innen und Ärzt:innen die wahren Held:innen, die sich vor Ort tagtäglich um erkrankte Personen kümmern und Leben retten.

Vielen Dank für das Interview und die spannenden Einblicke in deine ehrenamtliche Tätigkeit!

In Augsburg und der Umgebung gibt es viele verschiedene Möglichkeiten euch auf COVID 19 testen zu lassen, wie zum Beispiel in Testzentren, Teststationen und Apotheken. Wir haben euch hier nochmal zusammengestellt, wo ihr euch informieren und euch anmelden könnt.

Allgemeine Informationen zu Testmöglichkeiten im Augsburger Stadtgebiet

Online-Terminvereinbarung für das Testzentrum an der Messe Augsburg

Allgemeine Informationen zu Testmöglichkeiten im Landkreis Augsburg

Online-Terminvereinbarung in den BRK-Teststellen

Allgemeine Informationen zu Testmöglichkeiten im Landkreis Aichach/Friedberg

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